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Reiz- und Riechstoffe im Innenraum |
Triefende Nase - kratzender Hals - gerötete Augen
- schlechter Geruch in Wohnung oder
Büro
Verfasser: Obenland H1, Binder M2, Maraun W1; April
2003
1ARGUK-Umweltlabor GmbH, Oberursel
2IfAU Institut für Angewandte Umweltforschung e.V., Oberursel
Schlagworte: Innenraum, Schadstoffe, Geruch, Geruchsstoffe,
Wohnungsgeruch, Reizstoffe, Riechstoffe, Sick-Building-Syndrom SBS, Multiple Chemical
Sensitivity MCS, Chemikalienunverträglichkeit, schwerflüchtige organische Verbindungen,
semi-volatile organic compounds SVOC, Chloranisole, Flammschutzmittel, Aldehyde,
Anhydride.
Einführung
Belästigungen durch unangenehme Gerüche, Reizungen der Augen und der Haut sowie
zentralnervöse Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sind
häufig geschilderte Leiden, die durch den Aufenthalt in Innenräumen ausgelöst werden
können. Treten solche Beschwerden in unmittelbarem Zusammenhang mit einem bestimmten
Gebäude auf, so spricht man vom "Sick Building Syndrom" (SBS -engl.
"Krankes-Haus-Syndrom") (Mølhave 1991; Stolwijk 1991; US-EPA 1991). Sehr
empfindliche Betroffene können über die genannten akuten Beschwerden hinaus ein
neuartiges Krankheitsbild ausbilden, das als "Multiple Chemical Sensitivity"
(MCS-engl. "Chemikalienunverträglichkeit") beschrieben wird (Ashford und Miller
1991; Maschewsky 1996). Ursache solcher gesundheitlicher Beeinträchtigungen kann neben
den raumklimatischen Verhältnissen die Belastung der Luft mit mikrobiellen Keimen und
flüchtigen organischen Verbindungen (VOC, engl. "Volatile Organic Compounds")
sein. Beim Auftreten von Beschwerden, die sich mit dem "Sick Building Syndrom"
assoziieren lassen, werden in der Regel diese Parameter überprüft. Häufig ist eine
Beschränkung darauf jedoch völlig unzureichend und der Problemlage nicht angemessen. Zu
viele Faktoren, die ebenfalls ursächlich mit den angeführten Beschwerden in Verbindung
gebracht werden können, bleiben dabei unberücksichtigt, und Innenräume werden
vorschnell "gesund"-geschrieben.
In erster Linie ist hier der Haus- oder Bürostaub zu nennen, dessen chemische,
biologische und physikalische Charakteristik von hoher Bedeutung für das gesundheitliche
Wohlbefinden der RaumnutzerInnen sein kann. So berichten Gyntelberg et al. (1994) in einer
Studie, in der 12 Gebäude untersucht und 870 GebäudenutzerInnen befragt wurden, von
einem hochsignifikanten Zusammenhang zwischen der VOC-Gesamtbelastung (TVOC, engl.
"Total Volatile Organic Compounds") des Hausstaubes und dem Auftreten von
Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit und kratzenden Halsbeschwerden. Wolkoff und
Wilkins (1994) berichten davon, dass in der VOC-Gesamtbelastung des Hausstaubes kurz- bis
mittelkettige Aldehyde und Fettsäuren dominieren. Beide Stoffgruppen können hochgradige
Reiz- und Geruchsprobleme verursachen.
Hausstaub ist auch Träger mittel- bis schwerflüchtiger Verbindungen (SVOC, engl.
"Semi-Volitale Organic Compounds"), die über längere Zeiträume aus
Baumaterialien, Bodenbelägen, Möbeln und Inneneinrichtungen entweichen und sich am
Hausstaub niederschlagen. SVOCs können überdies durch direkten Abrieb z. B. von
Bodenbelägen in den Hausstaub gelangen. Einige Desinfektionsmittel aus Haushaltsreinigern
zählen ebenso zu den SVOC, die sich im Hausstaub finden lassen, wie die höheren
Fettsäuren, deren Quelle im Innenraum vorwiegend Anstriche und Beschichtungen sind. Unter
den SVOC befinden sich einige Stoffe mit hohem haut- und schleimhautreizendem Potenzial.
Beim Auftreten von Gesundheitsbeschwerden, die sich mit dem
"Sick-Building-Syndrom" in Verbindung bringen lassen, muss die
Ursachendiagnostik deshalb weiter greifen als nur bis zum Raumklima und der Luftbelastung
mit mikrobiellen Keimen und VOC. Das Problem beginnt bereits beim Umfang der gemessenen
VOC, der in der Regel messtechnisch und kostenkalkulatorisch begründet und nicht durch
die Aufgabenstellung gefordert ist. So werden z. B. die sehr geruchsaktiven niederen
organischen Säuren in keiner VOC-Liste erfasst, weil sie eine gesonderte, aufwendige
Messtechnik erfordern. Die ebenfalls sehr geruchsaktiven und die TVOC-Belastung des
Hausstaubes wesentlich dominierenden verzweigten kurzkettigen aliphatischen Aldehyde
fehlen in den Listen der gängig gemessenen Aldehyde, weil die Bestimmungsgrenzen der
Verfahren in der Regel nicht ausreichend sind. Dasselbe gilt für die bereits zu den SVOC
zählenden und schon im Ultra-Spurenbereich unangenehmen Geruch verbreitenden
Chloranisole, die als Produkt mikrobieller Aktivitäten im Innenraum offenbar weit
verbreitet sind. Hausstaub-Untersuchungen auf TVOC unterbleiben in der Regel ganz.
Unter den mit dem "Sick-Building-Syndrom" in Zusammenhang zu bringenden SVOC
haben in den letzten Jahren vor allem die als Flammschutzmittel und Weichmacher
eingesetzten Phosphorsäure-Ester ("Trisphosphate") zunehmende Aufmerksamkeit
erfahren. Insbesondere das Auftreten von Tris-2-chlorethyl-phosphat (TCEP) in Raumluft und
Hausstaub ist bereits gut beschrieben (Sagunski et al. 1997). Nagorka und Ullrich (2003)
stellen jedoch unseres Erachtens zu Recht fest, dass die Frage gestellt werden muss, ob
den unchlorierten trisphosphatischen Flammschutzmitteln "eine zu geringe hygienische
Aufmerksamkeit gewidmet wird". Hier wäre besonders auf Tris-butoxy-ethyl-phosphat
(TBEP) zu achten, da es von allen Trisphosphaten die bei weitem höchsten Konzentrationen
im Hausstaub aufweist.
Gut beschrieben ist auch das Auftreten des Desinfektionsmittels Chlorkresol in
Hausstaub (Schmidt et al. 2002). Aus der Gruppe der Anhydride, die als Bindemittel in
Lacken und Farben große Verbreitung in Innenräumen finden und Asthma-ähnliche
Beschwerden verursachen können, liegt bisher nur eine Arbeit von uns zum Vorkommen von
Phthalsäure-Anhydrid in Hausstaub vor (ARGUK 1997). Nach einer Verbesserung unserer
Anhydrid-Analytik legen wir diese Untersuchung jetzt neu und um Trimellitsäure-Anhydrid
erweitert vor.
Bislang wenig beschrieben ist unserer Kenntnis nach das Vorkommen von niederen bis
höheren Fettsäuren in Raumluft und Hausstaub. Da wir diese Stoffgruppe gleich unter
mehreren Gesichtspunkten im Zusammenhang mit dem Beschwerde-Kreis des
"Sick-Building-Syndrom" für relevant halten, legen wir hier eine erste entsprechende Studie vor.
Ähnlich verhält es sich mit Verbindungen aus der Gruppe der Chloranisole. Bisher
waren diese Stoffe hauptsächlich als Verursacher des Korktons von Wein bekannt. Seit
kurzem vermutet man jedoch, dass sie auch maßgeblich für den teilweise penetranten,
muffigen Eigengeruch verantwortlich sein könnten, der sich vor allem in Fertighäusern
älterer Bauart feststellen lässt. Deshalb haben wir in einer ersten Studie das
Vorkommen von Chloranisolen in der Raumluft untersucht.
Auf den folgenden Seiten finden sich Studien aus unserem Hause zu Verbreitung und
Bewertung von geruchsbelästigenden, haut- und schleimhautreizenden sowie
hautsensibilisierenden Stoffen in Wohn- und Büroräumen. Mit diesen Studien wollen wir
dazu beitragen, das Hintergrund-Wissen zum Thema zu erweitern. Durch unser analytisches
und bewertendes Dienstleistungsangebot wollen wir die Abhilfe befördern.
Themen
Ameisen- und Essigsäure
Diese niederen Carbonsäuren kommen natürlich als Holz-Säuren vor allem Holzhäusern (Fertighäuser und sonstige Holzständerwerke) vor. In der Raumluft führen sie bei erhöhter Konzentration zu Reizungen der Schleimhäute.
Fettsäuren
Kurz- und mittelkettige Fettsäuren besonders geruchsaktiv - Langkettige Fettsäuren
reizen Schleimhäute - Im Hausstaub wichtige Quelle für kurzkettige Abbauprodukte wie
niedermolekulare Aldehyde, Carbonsäuren, Ketone und Alkohole, die ihrerseits geruchsaktiv
sind.
Chloranisole
Chloranisole sind geruchlich besonders auffällige Verbindungen, am stärksten das
2,4,6-Trichloranisol (TCA) - Zusammenhang mit intensivem Eigengeruch von älteren
Fertighäusern vermutet - Hauptsächlich TCA und 2,3,4,6-Tetrachloranisol (TeCA) am
Gesamt-Geruchseindruck beteiligt - In untersuchten Fertighäusern
Chloranisol-Konzentrationen auffällig erhöht.
Aldehyde
Aldehyde sind hochreaktive Substanzen. Daraus resultiert ihr ausgeprägtes
schleimhautreizendes Potenzial. Darüber hinaus sind Aldehyde geruchsaktive Substanzen mit
teilweise widerlichen Geruchsnoten bei niedrigen bis sehr niedrigen Wahrnehmungsschwellen.
Feinstaub
Wir haben eine Literaturstudie zu Vorkommen und gesundheitlicher Relevanz von Feinstaub in
Innenräumen wie Wohnungen, Schulen und Büros angefertigt, die wir hier vorstellen. Die
Überprüfung der Feinstaubbelastung in Innenräumen beim Vorliegen entsprechender
Beschwerdebilder gehört zu unserem Leistungsangebot, ebenso die Bewertung der Befunde und
Empfehlungen zur Abhilfe.
Trisphosphatische Flammschutzmittel
In Vorbereitung
Anhydride
In Vorbereitung
Isothiazolone
Isothiazolone werden häufig in Dispersionsfarben als Konservierungsstoff eingesetzt.
Aufgrund ihres allergenen Potenzials ist diese Anwendung jedoch nicht unproblematisch, da
sie bei Innenraum-Anwendungen auch noch nach dem Trocknungsprozess in die Raumluft
freigesetzt werden. Sensibilisierte Menschen können mit Allergien und Hautekzemen
reagieren.
Literatur
ARGUK (1997) Phthalsäureanhydrid. Info-Reihe: Schadstoffe im Innenraum.
ARGUK-Umweltlabor GmbH, Oberursel
Ashford NA, Miller CS (1991) Chemical exposures - Low levels and high
stakes. Van Nostrand and Reinhold, New York 1991
Gyntelberg F, Suadicani P, Wohlfahrt-Nielsen J, Skov P, Valbjorn O, Nielsen
PA, Schneider T, Jorgensen O, Wolkoff P, Wilkins CK, Gravesen S, Norn S (1994) Dust and
the Sick Building Syndrome. Indoor Air 4:223-238
Maschewsky W (1996) Handbuch Chemikalienunverträglichkeit (MCS). Medi
Verlagsgesellschaft für Wissenschaft und Medizin mbH, Hamburg
Mølhave L (1991) Indoor climate air pollutions and human comfort. J. Expo.
Anal. Care. Environ. Epidemiol. 1:63-81
Nagorka R, Ullrich D (2003) Nachweis von phosphororganischen
Flammschutzmitteln im Staubniederschlag und im Schwebstaub: Screening mit GC/NPD.
Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 63(3):79-84
Sagunski H, Ingerowski G, Mattulat A, Scheutwinkel M (1997) Tris
(2-chlorethyl)-phosphat - Exposition und umweltmedizinische Bewertung. Umweltmedizin in
Forschung und Praxis 2(3):185-192
Schmidt A, Hoffmann W, Hostrup O, Walker G, Butte W (2002) Chlorkresol
(4-Chlor-3-methylphenol) im Hausstaub. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 62:95-98
Stolwijk JA (1991) Sick Building Syndrome. Environ. Health Perspect.
95:95-100
US-EPA (1991) U.S. Environmental Protection Agency, Indoor Air Facts No. 4
(revised): Sick building syndrome (SBS). Indoor Air Quality (IAQ) Publications - Sick
Building Syndrome Fact Sheet. http://www.epa.gov/iaq/pubs/sbs.html 15.01.2003
Wolkoff P, Wilkins CK (1994) Indoor VOCs from household floor dust:
Comparison of headspace with desorbed VOCs; Method for VOC release determination. Indoor
Air 4: 248-254
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